Z. Lebensm. Unters.-Forsch. 159, 265--270 (1975) © by d. F. Bergmann, Mfinchen 1975
Flavonole und Flavone der Gemiisearten V. F l a v o n o l e mad F l a v o n e des Wurzelgeraiises W o l f g a n g Eloesser* mad K a r l H e r r m a n n Lehrstuhl fiir Lebensmittelchemie der Technischen Universi~t Hannover (BRD) Eingegangen am 9. Mai 1975 F l a v o n o l s a n d F l a v o n e s of V e g e t a b l e s V. F l a v o n o l s a n d F l a v o n e s of R o o t Vegetables Summary. Root vegetables contain flavon(ol) glycosides in traces up to small amounts, while the level of their leaves are in part considerable (to more than 1 g/kg, calculated as aglyeon). Radish, rutabagas, scorzoneras, and beets contain < 1 mg/kg kaempferol and/or queroetin; carrots I mg/kg apigenin and luteolin; celery roots ca. 75 mg apigenin]kg and 14 mg luteolin/kg; horseradish about 20 mg kaempferol/kg and small radish 1--10 mg kaempfero!/kg, whereby all these flavones and flavonols occur as glycosides in the vegetables. In leaves of small radish, variety ,,Eiszaplen", we found besides isoquercitrin (quercetin-3glucoside) a quercetin-3-0-diglycoside and a kaempferol-0-diglycoside,both with the sugars rhamnose and arabinose, by tlc. Zusammen]assung. Wurzelgemfise enthElt Spuren his geringe Mengen an Flavon(ol)-glykosiden, w~hrend die BlOtter der gleichen Species zum Teil betr~chtliche Gehalte (bis fiber 1 g/kg, berechnet als Aglykon) aufweisen. Rettiche, Kohlriiben, Schwarzwurzeln und Rote Beete enthielten < 1 mg]kg K~mpferol und/oder Quercetin, MShren < 1 mg/kg Apigenin und Luteolin, Sellerie hingegen ca. 75 mg Apigenin/kg und ca. 14 nag Luteolin/kg, Meerrettich ca. 20 mg K/~mpferol/kg und Radieschen 1--10 mg K~mpferol]kg als Glykoside. Dfinnschichtehromatographisch wurden in Radieschenbl~ttern der Sorte ,,Eiszapfe~" neben Isoquercitrin (Quercetin-3-glucosid) je ein Quercetin-3-0-diglycosidund ein KEmpferol-0-diglykosid, beide mit den Zuckern Rhamnose und Arabinose, aufgefunden.
Einleitung Wurzelgemfise, besonders M6hren, spielen in der Ern~hrung eine wichtige Rolle. Indessen ist fiber Vorkommen und Gehalt phenolischer Inhaltsstoffe im Wurzelgemfise bisher nut wenig bekarmt. ~ber die Hydroxyzimts~uren liegen einige Angaben vor [1, 2]; abet schon fiber das Vorkommen yon HydroxybenzoesEuren war bisher, auBer in M6hren [3], nichts bekannt [4], ehe yon StShr [5] in unserem Labor entsprechende Untersuchungen durchgeffihrt wurden. Auch fehlen verwertbare Hinweise auf Flavonoide, z. B. Flavon- und Flavonolglykoside, in den als Gemfise verzehrten Wurzeln in der Literatur fast vSllig, obwohl diesen Stoffen zum Teil pharmakolo. gische oder ernEhrungsphysiologische Bedeutung zugeschrieben wird [6--8]. Nach Angaben yon t~estjuk [9] sollen Radieschen im Gegensatz zu den Bl~ttern nut geringe Flavonkonzentrationen aufweisen und diese Stoffe vor allem in der Schale der Radieschenknollen lokalisiert sein. Auch in den Wurzeln anderer nicht als Nutzpflanzen verwendeter Species, z. B. der Umbelliferen [10] wurde kaum fiber Flavon(ol)e berichtet. Dagegen liegt fiber das Flavon(ol)-Vorkommen in B1Ettern, Frfiehten und Blfiten eine betrEchtliche Literatur vor. Hieraus kSnnte man folgern, dab in Wurzeln allgemein mit Flavon(ol)en aul]er in Spuren, die sich bei den meisten Aufarbeitungsveffahren dem Nachweis entziehen, nicht zu rechnen ist. ~ber das Vorkommen yon Flavon(ol)glykosiden in B1Ettern, Frfichten und Blfiten der Wur. zelgemfisearten liegen folgende Angaben vor: M6hren (Daucus carota L.) B1/$tter: Apiin, Luteolin-galactosid ([11], vgl.[12]), Luteolin-7-ghicosid [13], Fr/ichte: Apigenin-7-rutinosid, Luteolin-7-glucosid, Luteolin-4"-glucosid, Luteolin-7-diglucosid, Luteolin-4'-diglucosid, Luteolin-7-rutinosid, Quercetin-3-glucosid [14], Blfiten: Apigenin-glykosid [15], K~mpferol-3-glucosid [11, 15], KEmpferol-3-diglucosid [15], Quercetin-3-rutinosid [11], * Auszug aus der Promotionsarbeit yon W. Eloesser: ~)ber die Flavone und Flavonole der Kartoffeln und des Wurzelgemfises. Diss. Techn. Univ. Hannover 1975. Der Deutschen Forschungsgemeinschaft danken wh" herzlich fiir die Unterstfitzung mit Sach. mitteln, dem Fends der Chemischen Industrie fiir LSsungsmittelspenden, Herrn Dr. Peper Lehr- und Versuchsanstalt ffir Gartenbau Hannover-Ahlem - - f/it Gemfiseproben.
266 Sellerie (Apium graveolens L.) BlOtter: Apiin [16], Apigenin-glykosid, Luteolin-galactosid ([11], vgl. [12]), Chrysoeriol-7-apiosylgincosid [17], Frfichte: Apiin [14, 18], Luteolin-7-apiosylglucosid [14, 17, 18], Chrysoeriol-apiosylglucosid ([17, vgl. auch [18]), Bliiten: Apigenin-glykosid, Luteolin-galactosid ([11], vgl. [12]), Pastinaken (Pastinaca sativa L.) BlOtter: Quercetin-3-glucosid [13, 19], Quercetin-3-rutinosid [11, 19], Isorlmmnetin-3-glucosid [19], Isorhamnetin-7-rhamnosido-3-glueosid [19], Friichte: Quercetin-3-galactosid, Quercetin-3-rutinosid, Isorhamnctin-3-glucosido-4'-rhamnosid [20], Bliiten: K~mpferol-3-glucosid [11], Quercetin-B-rutinosid [11], Isorhamne~in-glykoside [12], Meerrettich (Armoracia rusticana Gaertn.) BlOtter: K~mpferol- und Quercetin-glykosidc [21], Rote Beete (Beta vulgaris vat. conditiva Alef.) BlOtter: K~impferol- und Quercetin-glykoside [22]. Reeht gut untersucht ist auch das Kraut der Petersilie (vgl. [23, 24]); in ihren Wurzeln sind Apigenin-glykoside angegeben [12]. Auch sei wegen der Umbelliferen auf [25] verwiesen. Mit zweidimensionaler Papierchromatographie wurden in einer gr6i]eren Zahl yon BrassicaSpecies (Faro.: Cruciferae), darunter mehrere Soften Brassiea napus L. und Br. rapa L. 3-Sophorosido-7-glueoside, zum Tell 3,7-Diglucoside und 7-Glucoside des K~mpferols, Quercetins und Isorhamnetins erkannt [26].
Ergebnisse
Flavon(ol)gehalt clef Wurzelgemi~se Unsere quantitativen Untersuchungen ergaben, dab Warzelgemfise nar sehr getinge Konzentrationen an Flavon(ol)glykosiden enthalten, die racist unter der exakten Effassungsgrenze der Aglykone liegen. Da als Warzelgemfise die Warzeln aus verschiedenen Pflanzenfamilien verwendet werden, mSchten wit unsere quantitativen Ergebnisse so deuten, dab Warzeln allgemein nar Sparen yon Flavon(ol)en und deren Glykosiden enthalten. Hiermit sind offensiehtlich auch die sp~rlichen Angaben der IAteratar fiber das Vorkommen yon Flavon(ol)en und deren Glykosiden in Warzeln zu erkl~ren. I m Sellerie ist die Flavon(ol)-Konzentration etwas grSBer, was daran liegen kSnnte, daB es sich bei den Sellerie-,,knolien" um die verdickte Warzel samt Hypokotyl und Prim~rsproB handelt. Demgegenfiber weisen die BlOtter der Warzelgemfise-Arten zum Tefl einen relativ hohen Gehalt an ~lavon(ol)glykosiden auf, was wohl allgemein liir BlOtter zutreffen dfirfte. Unterschiede im Aglykonmuster warden bei gleiehen Species zwischen Warzeln und Bli~ttern nicht festgestelit. In alien untersuchten Cruci/eren (Radieschen, Rettiche, Kohlrfiben, Meerrettich) dominierten Glykoside des K~mpferols. In geringer Menge kamen Glykoside des Quercetins, gelegentlieh auch des Isorhamnetins vor. Die UmbeUi/eren MShren und Sellerie enthielten dagegen l~lavone und zwar Glykoside des Apigenins und Luteolins. Schwarzwarzeln als Compositen wiesen wie Salat und Endivien [27] Glykosido des Kampferols und Quercetins auf. Die Untersuchungen an Radieschen bestiitigen die Angaben yon Nestjuk [9], dab die Flavon(ol)e vor allem in der Schale der Radieschen lokalisiert sind. Gleiche Verh~ltnisse konnten wit beim Meerrettich aufzeigen. Auch in ~rfichten, z. B. in J~pfein, Birnen [28], Tomaten und Gemfisepaprika [29] und anderen [30] sowie Spargelsprossen [31] warden diese Stoffe vor allem in der Schalo angetroffen. Anbau im Gew~chshaus erniedrigte den ~lavon(ol)gehalt zumindest in Bl~ttern erheblieh, wie wir an Radieschen zeigen konnten. Dies steht in ~Jbereinstimmung mit den fibrigen Untersuchungen unseres Arbeitskreises [27, 29, 32]. Zur Bestimmunq der Flavon(ol)e Die Flavonglykoside der MShren und des Sellerie sowie die Flavonolglykoside der Kohlrfiben, Retch Beete und Schwarzwarzeln erwiesen sich unter den Bedingungen der yon uns verwendeten quantitativen Bestimmungsmethode [28], welche die AglyApiin = Apigenin-7-apiosylgincosid.
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Tabelle 1. Gehalt der Wurzelgemiisearten an Flavon(ol)-glykosiden (bestimmt und berechnet als Aglykon) Gemiiseart und -sorte
MShren (Daucus carota L.) ,,Lange rote stump/e ohne Herz" ,,Bauers Kieler Rote" ,,Nantaise" ,,Scarla"
Wurzeln (Riiben, Knollen) Apigenin Luteolin mg/kg mg/kg
BlOtter (Blattspreite) Apigenin Luteolin mg/kg mg/kg
< 1